Tipps für virale Kampagnen in Social Media

Zielgruppen mit Social-Seeding-Kampagnen ansprechen

Christopher Reuter, Gründer und Geschäftsführer von shareMAX

Christopher Reuter, Gründer und Geschäftsführer von shareMAX

Der Erfolg viraler Kampagnen steht und fällt mit der Ansprache der Multiplikatoren. Was sich wie eine Binsenweisheit anhört, ist allerdings leichter gesagt als getan. Wir möchten anhand einiger Beispiele aufzeigen, wie optimales Targeting aussehen könnte, damit die Kampagne weder ins Leere läuft noch zum Desaster wird.

 

Ein Fachartikel von Christopher Reuter

Ein viraler Klassiker: das Moorhuhn

Viele denken, dass virales Marketing erst mit dem Durchbruch der Social Media Erfolge feiert. Das ist allerdings nicht ganz richtig. Man denke nur an den Moorhuhn-Hype um die Jahrtausendwende. Es ist ein Paradebeispiel für den Wahnsinnserfolg einer Kampagne, die alles hatte, was eine virale Kampagne braucht, um erfolgreich zu werden. Das kurzweilige Computerspiel hatte nur geringe Systemanforderungen und war schnell installiert. Vor allem aber war es kostenlos und die CD ohne Kopierschutz, da es sich um Werbung (für das Whiskylabel Johnnie Walker) handelte. Damit traf das Moorhuhn-Game den Zeitgeist und den Nerv unzähliger Büroangestellter, die sich zum Ärger ihrer Chefs damit die Zeit vertrieben. Noch heute geraten Marketing-Fachleute über den Erfolg dieser Kampagne ins Schwärmen, die auch ohne die virale Power der Social Media ein Riesenerfolg wurde.

Was wir vom Moorhuhn-Hype lernen können

Was uns im Zusammenhang mit den sozialen Medien an diesem Beispiel interessiert, ist die Tatsache, dass es sich um Werbung handelte und wir doch alle wissen, dass Werbung in den Social Media nicht gerade den besten Ruf genießt. Schließlich stehen hier Kommunikation mit Kunden und Konsumenten im Fokus und nicht Produkte oder Marken. Beim Moorhuhn geriet die Werbung aber in den Hintergrund und die meisten Nutzer wussten gar nicht, dass eine Whiskymarke dahintersteckt. Genauso soll es sein. Die Frage, ob eine vergleichbare Kampagne in den Social Media einen ebensolchen Erfolg hätte, können wir daher ganz klar mit Ja beantworten. Nun haben wir es beim Moorhuhn eher mit einem Zufallstreffer zu tun, dessen Erfolg weder die Entwickler noch das beworbene Label auf der Rechnung hatten. Wer heute eine virale Kampagne erfolgreich in den sozialen Netzwerken streuen will, kommt um eine genaue Zielgruppenbestimmung nicht mehr herum. Es geht letztendlich um das optimale Targeting. Davon hängt ab, wie gut wir die Nutzer als Multiplikatoren erreichen, ohne die ein Kampagnenerfolg im viralen Marketing nicht möglich ist.

Influencer ansprechen oder Kampagnen von Nutzern verbreiten lassen?

Nun können Sie Ihre Kampagne auf die Influencer – die Sie natürlich längst kennen – zuschneiden, auf Ihrer Facebookseite einstellen und darauf warten, dass diese Influencer „anbeißen“. Sollte dies nicht gelingen, kann Ihre schöne Kampagne, in die Sie vielleicht viel Geld investiert haben, versanden, denn die Meinungsführer fallen als Kampagnen-Befürworter aus. Zudem besteht die Gefahr, dass diese Influencer Ihre Kampagne sogar kritisch betrachten und Image schädigende virale Prozesse in Gang setzen. Wäre es für die Reichweitengenerierung nicht viel effektiver, Kampagnen von Nutzern, die damit ihre eigene Reputation im Netzwerk verbessern wollen, finden zu lassen? Wir denken schon, weil wir ziemlich sicher sein können, dass der Streueffekt mit großer Wahrscheinlichkeit eintritt. Ein Nutzer wird nur solche Kampagnen auswählen, bei denen er ganz sicher ist, dass sie häufig geklickt, geliked, kommentiert und geteilt werden. Im Umkehrschluss wird er wohl kaum Inhalte auf seiner Profilseite posten, die niemanden interessieren oder mit denen er anecken könnte.

So sieht also die Alternative aus: entweder die Kampagne selber auf seiner Profilseite einstellen und Influencer ansprechen oder sie von Nutzern finden und verbreiten lassen. Die letztgenannte Variante klingt nach Bequemlichkeit, was allerdings nicht das Motiv bei dieser Strategie sein sollte. Vielmehr bringt es eine Menge Vorteile, die Kampagne durch Nutzer aus den anvisierten Zielgruppen finden zu lassen. Denn erstens ist die Streuwirkung größer und zweitens schützt diese Vorgehensweise besser vor negativem Feedback, wenn nicht gar vor einem Shitstorm.

Vier Argumente für die Verbreitung von Inhalten durch die Nutzer

1. Höhere Glaubwürdigkeit

Am Besten denken Sie sich in einen x-beliebigen Nutzer hinein und fragen sich, welche Inhalte er wohl am liebsten teilen würde. Garantiert werden Sie zu dem Schluss kommen, dass es nur solche Beiträge sein können, die nicht nur ihm selbst gefallen, sondern auch seinen Freunden. Damit liegen Sie richtig. Mit fremden Inhalten wirkt ein User in den sozialen Netzwerken glaubwürdiger als das Unternehmen, das die Kampagne entwickelt hat. Wenn Sie als Unternehmen eine Kampagne in den sozialen Netzwerken einstellen, der ein Hauch vordergründiger Werbung anhaftet, sind Sie bei den Nutzern unten durch. Teilt hingegen ein „neutraler“ Nutzer dieselbe Kampagne aus freiem Willen heraus, weil ihm der Inhalt gefällt, ist das eine persönliche Empfehlung. Und das ist ein himmelweiter Unterschied.

2. Auswahl durch den Nutzer

Ein weiterer Vorteil ist, dass der Nutzer nicht nur Teil der Zielgruppe ist, für die Sie Ihre Kampagne entwickelt haben, sondern auch jemand, der den Inhalt beurteilt und die Spreu vom Weizen trennt. Wenn ein Nutzer in einem Gewinnspiel einen konzeptionellen Fehler entdeckt, vom Ersparnispotenzial einer Rabattaktion nicht überzeugt ist, aus einem E-Book keinen echten Nutzen ziehen kann oder Kampagnen ihn emotional nicht ansprechen, lässt er sie eben liegen. So einfach ist das. Sie müssen sich aufgrund einer möglicherweise schlecht durchdachten Aktion nicht mit bösen Userkommentaren rumschlagen, die im Worst Case einen Shitstorm entfachen können. Sie bekommen zwar kein direktes Feedback, haben aber die Chance, Ihre von Usern ignorierte Kampagne ohne Erwartungs- und Zeitdruck und vor allem ohne Imageverlust nachzubessern.

3. Mehr virale Power

Gleich und Gleich gesellt sich gern. Wie im realen Leben entwickeln sich auch in den sozialen Netzwerken Freundeskreise nach diesem Prinzip. Der Nutzer, der Ihre Kampagne teilt, gehört zu einer von Ihnen definierten Zielgruppe und hat selbst viele Freunde, die ähnlich ticken, gleichartige Interessen haben, derselben Altersgruppe angehören oder in derselben Region leben. Diese werden Ihre Kampagne nicht nur anklicken, lesen und dabei mitmachen, sondern ebenfalls teilen. Daraus ergeben sich Reichweiten, die mitunter größer sein können als die, die Sie über Ihre eigenen Profilseiten im Netzwerk erzielen können. Vor allem dann, wenn Sie noch keine Netzreputation entwickeln konnten, weil Sie ein junges Unternehmen sind oder erst über geringe Social Media Erfahrung verfügen.

4. Erweitertes Seeding

Die Kampagne, die von zielgruppenangehörigen Nutzern entdeckt werden soll, ist nicht auf einen bestimmten Social Media Kanal festgelegt. Die Nutzer können vielmehr frei entscheiden, ob sie den Inhalt auf ihrem Facebookprofil, ihrem Google Plus Profil, ihrem Blog oder in einem anderen sozialen Kanal teilen. Die Streuwirkung geht somit durch die Zielgruppenbestimmung nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite, was die schnelle Massenverbreitung begünstigt.

Social Media Desaster

Beispiele für missglückte Social Media Kampagnen gibt es reichlich. Von der legendären Pril-Kampagne des Henkel-Konzerns über das Twitter-Desaster von McDonalds bis hin zur Chefticket-Blamage der Deutschen Bahn.

Viele Social Media Verantwortliche großer Unternehmen vergessen einfach, dass ihre Unternehmens- und Markenseiten nicht nur die Fans anziehen, sondern auch Kritiker und Spötter, wie das Twitter-Desaster von McDonalds zeigt. Hier reichte der Wechsel des unverdächtigen Hashtags #MeetTheFarmers zu #McDStories um Scharen von Nutzern anzulocken, die der Fastfood-Kette gar nicht so wohlgesonnen waren. Was als positive Imagekampagne geplant war, um über die Herkunft von Fast-Food-Zutaten aufzuklären, endete im Desaster.

Ist die initiierte Kampagne erst einmal aus dem Ruder gelaufen, gibt es kein Zurück mehr. Shitstorms werden meistens von Meinungsführern mit großem Freundeskreis beziehungsweise vielen Followern losgetreten und verbreiten sich explosionsartig im Netz. Es ist der GAU in den Social Media schlechthin.

Beim Social Seeding ist das richtige Targeting die halbe Miete. Trotzdem ist auch die Ansprache der Nutzer wichtig, damit diese die Kampagne nicht nur finden, sondern auch teilen und virale Effekte entfachen. Hätte der Henkel-Konzern die Pril-Design-Kampagne über eine Seeding-Plattform gestreut, hätten erfahrene Nutzer das schlecht durchdachte Crowd-Sourcing-Konzept, das mit einem Voting verbunden war, erkannt und die Kampagne wohl nicht geteilt. So aber kam es, wie es kommen musste. Witzbolde entwarfen Designs, mit denen die Marketingleute bei Henkel ganz und gar nicht gerechnet hatten und die User gaben diesen Designs auch prompt die meisten Stimmen. Als Henkel daraufhin das Ergebnis offensichtlich manipulierte, war der Entrüstungssturm vorprogrammiert.

Beispiele gelungener viraler Kampagnen

Microsoft (2009)

Es geht aber auch anders. Bereits 2009 startete der Softwareriese Microsoft eine geniale virale Kampagne mit einem YouTube-Video. Es zeigt, wie der Ingenieur „Bruno Kammerl“ nach einem 35-m-Flug von einer Wasserrutsche eine Punktlandung in einem kleinen Planschpool hinlegt. Der Clip erzielte in wenigen Wochen mehrere Millionen Klicks und offenbart zum Ende, wer dahinter steckt. Ein Projekt mit dem Namen Megawoosh und dem einprägsamen Slogan „Mach es machbar“. Erst der Aufruf löst das Rätsel, worum es geht: Werbung für die Projektplanungssoftware Project 2010 von Microsoft.

 

al Dente (2013)

Ein weiteres Beispiel für eine äußerst gelungene virale Kampagne ist der Imagefilm „S Leb’n is a Freid“ aus dem Jahr 2013. Der Clip der Filmproduktionsfirma al Dente präsentiert einen Münchner Obststand und seinen Betreiber Didi so, als sei es ein Großunternehmen von Weltruf. Der Clip verbreitete sich nicht nur in der Blogosphäre des Webs wie ein Lauffeuer, sondern auch zahlreiche Onlineausgaben von Printmedien wie Süddeutsche, Handelsblatt und weitere griffen das Thema auf.

 

Tipps für erfolgreiche virale Kampagnen

Lassen Sie das Unternehmen oder die Marke möglichst im Hintergrund. Vordergründige Werbung kommt nicht gut an in den sozialen Medien. Reine Werbeinhalte bieten Angriffsflächen für Kritik und können Ihrer Reputation schaden.

Tipp 1: Suchen Sie nach guten Einstreupunkten für Ihre Kampagne

  • auf Blogs
    Pflegen Sie Kontakte zu bekannten Bloggern. Deren Blogs sind über zahlreiche Kanäle vernetzt, haben Fans und Follower in den Social Media und somit eine große Reichweite.

  • auf Social-Seeding-Plattformen
    Auf Seeding-Plattformen wie sharemax, sauercrowd, sociopo oder Unruly können Sie Ihre Kampagnen zielgruppenspezifisch steuern. Nur Nutzer, die mit dem definierten Zielgruppenprofil übereinstimmen, werden angesprochen, die Inhalte zu teilen.

Tipp 2: Lassen Sie Ihre Kampagnen finden

Kein Nutzer möchte sich in den sozialen Netzen mit seinen Beiträgen blamieren. Er wird deshalb nur diejenigen Inhalte weiterempfehlen beziehungsweise teilen, die ihn überzeugen. Das bewirkt eine qualitative Auslese und schützt den Kampagnenbetreiber vor Shitstorms.

Tipp 3: Definieren Sie die Zielgruppe ihrer Kampagne möglichst genau

Das ist die wichtigste Strategie beim Social Seeding überhaupt. Denn nur wenn Sie genau wissen, welche Zielgruppen Sie mit Ihrer Kampagne erreichen wollen, wird sie auch von den anvisierten Nutzern gefunden und geteilt.

Fazit

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Voraussetzung für den Erfolg einer viralen Kampagne sind ein optimales Targeting und originelle, emotional ansprechende Inhalte ohne vordergründig werbenden Charakter. Optimales Targeting bedeutet eine klare Definition von Zielgruppen und die Auswahl reichweitenstarker Einstreupunkte. Da nur die Nutzer die Inhalte erfolgreich verbreiten können, muss alles dafür getan werden, dass diese Nutzer die Kampagne finden können und teilen.

Der Autor

Christopher Reuter, Gründer und Geschäftsführer der Social-Seeding-Plattform www.sharemax.deChristopher Reuter beschäftigt sich seit 2007 mit dem Thema Onlinemarketing, vor allem Social Seeding. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Social-Seeding-Plattform www.sharemax.de.

Zielgruppen mit Social-Seeding-Kampagnen ansprechen
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