Social-Media-Strategie entwickeln [Teil 2]

Social Media: Zielgruppen definieren und richtig ansprechen

Zahlreiche Unternehmen haben mittlerweile das wirtschaftliche Potenzial der sozialen Netzwerke erkannt. In sozialen Medien wird kommentiert, bewertet, empfohlen und letztlich Kaufentscheidungsprozesse vorbereitet. Doch bevor Sie Inhalte und Maßnahmen definieren, sollten Sie sich ein ganz genaues Bild von Ihren Nutzergruppen machen. Die Social-Media-Expertinnen und eMBIS Trainerinnen Ruth Schöllhammer und Kerstin Nägler geben einen Überblick darüber, wie Sie in sozialen Medien Zielgruppen definieren und richtig ansprechen.

 

Eine Artikelserie von Ruth Schöllhammer und Kerstin Nägler

 

 

Teil 1: Social-Media-Strategie entwickeln: Ziele festlegen

Teil 2: Social Media: Zielgruppen definieren und richtig ansprechen

 

Übersicht der Inhalte

Teil 3: Social-Media-Kanäle auswählen und erfolgreich nutzen

 

Wer mit Social Media seine Unternehmensziele unterstützen will, muss seine Zielgruppe genau kennen. Über Monitoring Tools und qualitative Recherche lassen sich „Influencer“ und Multiplikatoren mit hoher Reichweite identifizieren. Diese Zielgruppen sind in der Regel interessant für PR-Maßnahmen und virale Marketing-Aktionen, mit denen sich Ihr Angebot im Netz verbreiten lässt. Das erzeugt Reichweite, Interaktion und mehr Aufmerksamkeit für Ihre Marken und Produkte.

 

Praxistipp Nr. 1

Nutzen Sie das Konzept der Personas und entwickeln eine sogenannte User Sedcard für Ihre Zielgruppe:

  • Welche Charakter hat Ihr Wunschkunde?
  • Welche Profilbeschreibung trifft am ehesten auf Ihre Kunden zu?
  • Wie nutzt Ihr Kunde Ihr Online-Angebot?
  • Welches Vertrauen hat Ihr Kunde in Ihr Webangebot?
  • Wie hoch ist seine Markenbindung?
  • In welcher Umgebung lebt er oder sie?
  • Familär? Beruflich?
  • Mit lokalem Bezug oder ohne?
  • etc.

Setzen Sie sich hin und skizzieren Sie auf einem Blatt Papier Ihren Wunschkunden. Kommen Sie so Ihrer Zielgruppe als Person etwas näher. Auf dieser Basis können Sie eine viel präzisere und letztlich erfolgreichere Social-Media-Strategie aufbauen.

Social-Media-Nutzertypen

Nutzertypologie von Charlene Li und Josh Bernoff, Forrester ResearchFür die Konzeption Ihrer Social-Media-Maßnahmen hat sich eine Segmentierung nach dem Verhalten bewährt. Ein bewährtes Modell wurde von Forrester Research entwickelt. Je nach Verhalten sollten Sie den Nutzergruppen individuelle Angebote machen:

Gruppe 1: Creators (Schöpfer / Ersteller)

  • Veröffentlichen einen eigenen Blog und/oder eigene Webseiten
  • Produzieren selbst Videos oder veröffentlichen eigene Musikstücke
  • Schreiben Artikel oder Geschichten und posten diese auf unterschiedlichen Plattformen

Diese Nutzergruppe ist sehr klein, kann Ihre sozialen Plattformen aber sehr bereichern.

 

Ihr Angebot: Einfache Möglichkeit, Inhalte zu veröffentlichen. Integration in Ihr Netzwerk.

Gruppe 2: Conversationalists (dt. Gesprächspartner)

Diese Gruppe nutzt soziale Netzwerke, um sich zu unterhalten und mit anderen Nutzern auszutauschen.

  • Kommentieren Postings oder Blogbeiträge
  • Nutzen Foren und Instant-Messaging-Dienste zum Gesprächsaustausch
  • Chatten

Ihr Angebot: Bieten Sie Dialogmöglichkeiten an.

Gruppe 3: Critics (Kritiker)

  • Veröffentlichen Rezensionen und Bewertungen
  • Kommentieren Blog-Beiträge
  • Engagieren sich in Online-Foren
  • Veröffentlichen Beiträge in Wikis und ähnlichen Plattformen

Ihr Angebot: Einfache Möglichkeit zu kommentieren (Basic), Bereitstellung von Foren und Wiki-Technologien (Advanced)

Gruppe 4: Collectors (Sammler)

  • Abonnieren RSS-Feeds und Alerts
  • „Vertaggen“ und „bookmarken“ interessante Inhalte/Seiten
  • Bewerten Webseiten und Inhalte, nehmen auch an Umfragen teil

Ihr Angebot: RSS-Feeds, Sharing-Funktion Ihrer Inhalte, Bewertungsfunktionen usw.

Gruppe 5: Joiners (Mitmacher)

Diese Nutzer registrieren sich in sozialen Netzwerken und legen ein Profil an. Sie möchten mit Freunden und Bekannten in Kontakt bleiben, sind aber wenig aktiv.

Ihr Angebot: Einfache Möglichkeit der Registrierung, Verbindung mit Facebook, Twitter und anderen Plattformen.

Gruppe 6: Spectators (Zuschauer)

Zu dieser Gruppe gehören Nutzer, die Social-Media-Profile besitzen, Inhalte anderer konsumieren, aber fast keine eigenen Inhalte veröffentlichen. Ein Großteil der Social-Media-Nutzer gehört zu dieser Gruppe.

 

Ihr Angebot: Schnell konsumierbare Inhalte in den Social-Media-Medien, in denen Ihre Zielgruppe zu finden ist.

Gruppe 7: Inactives (Inaktive)

Diese Nutzer sind in sozialen Medien nicht proaktiv unterwegs. Auf Social-Media-Angebote kommen sie in der Regel über Suchmaschinen, weil sie sich für bestimmte Leistungen, Inhalte interessieren.

Ihr Angebot: Suchmaschinenoptimierung und einfache Nutzerführung zu Ihren Angeboten.

 

Die Festlegung der Nutzergruppen bestimmt im Wesentlichen die Auswahl der Plattformen, die Tonalität und die Konzeption Ihrer Social-Media-Maßnahmen.

Best Practice Nr. 1 zur Social-Media-Zielgruppe: Kunden im B2C

Tchibo-ideas-CommunityDem Kaffee-Unternehmen Tchibo ist es erfolgreich gelungen, seine Kunden in die Kommunikation einzubinden. Das Konzept: Das Unternehmen belohnt Kunden, die Produktideen einreichen oder Alltagsprobleme lösen.

 

Das Ergebnis dieser gelungenen Social-Media-Kampagne „Tchibo ideas“: Laufzeit fünf Jahre,11.092 Mitglieder, 1.262 Aufgaben, 763 Lösungen, 8.721 Kommentare, 177 Sieger, 23 Produkte (Stand: 20.10.2013). Danach wurde die Kampagne über gemeinsame Tchibo-Workshops, Produkttests, Votings und Umfragen sowie Design-Wettbewerben mit Lizenzverträgen zugunsten der Teilnehmer weitergeführt. Das Ergebnis sind neben jeder Menge positive Imagebildung, inklusive Lead-Generierung und Kunden- und Fangewinnung, ein erfolgreiches Crowdsourcing – mit zahlreichen neuen Produktideen.

Zielgruppenansprache im B2B

Was bei der Betrachtung der Zielgruppen nicht vernachlässigt werden darf, ist die Unterscheidung zwischen B2B und B2C. Viele produzierende Unternehmen haben sich seit Jahren auf den B2B-Sektor konzentriert und richten dementsprechend alle Kommunikationsmaßnahmen aus.

 

Dennoch ist es sinnvoll, im Rahmen Ihrer Social-Media-Konzeption, den Blick über den Tellerrand zu wagen. Auch wenn Ihre Produkte und Dienstleistungen über Zwischenhändler vertrieben und verkauft werden: verwendet werden sie vom Endkunden. Dieser Endkunde lässt sich genauso an eine bestimmte Marke binden und macht sich unter Umständen in seinem Umfeld sogar aktiv stark für die Bestellung von Produkten Ihrer Marke.

 

Stellen Sie bei Ihrer Kommunikation mit dem Endkunden dabei mehr den Menschen und seine Bedürfnisse (Unterhaltung, Spaß, Mehrwerte) in den Fokus und weniger den Geschäftspartner oder rationale Argumente (Abschlüsse, Kosten, Gewinn).

 

Praxistipp Nr. 2

Prüfen Sie Ihr Social-Media-Angebot: Wen sprechen Sie eigentlich an? Dienen Ihre Informationen nur Ihren B2B-Kunden oder können auch andere davon profitieren?

Greifen Sie zu Papier und Bleistift und notieren Sie: Für welches Problem bietet Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung eine Lösung? Wer kann von Ihrem Angebot alles profitieren?

 

Bisher findet die Einbeziehung der Endverbraucher in die Kommunikationsstrategie bei vielen Unternehmen kaum Berücksichtigung. Oft versuchen Unternehmen, den Bedürfnissen der B2B-Kunden auf der eigenen Webseite in einem separaten, passwortgeschützten Bereich gerecht zu werden – viel zu selten auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen.

 

Eine Social-Media-Strategie im B2B unterliegt natürlich anderen Spielregeln als eine Social-Media-Kommunikation für Konsumenten und ist oft informeller ausgerichtet. Beliebte Plattformen sind Corporate Blogs oder zugriffsbeschränkte Gruppen-Kommunikation auf B2B-Plattformen wie XING oder LinkedIn.

Best Practice Nr. 2 zu verschiedenen Social-Media-Zielgruppen

Pinterest-Account der Krones AGDie Krones AG fertigt Maschinen und komplette Anlagen für die Bereiche Prozess-, Abfüll- und Verpackungstechnik. Die Anlagen kommen in Brauereien, der Softdrink-Branche sowie bei Wein-, Sekt- und Spirituosenherstellern zum Einsatz. Aus dem Umfeld generiert sich auch die Kundschaft.

 

Die Krones AG unterhält ein breites Spektrum an eigenen Social-Media-Kanälen: Twitter und Facebook haben eine klare Recruitung-Ausrichtung; YouTube, Instagram und vor allem Pinterest präsentieren das Unternehmen. Das Pinterest-Profil (https://de.pinterest.com/kronesag/) hat allein 21 Pinnwände und gibt nicht nur einen Einblick in das Unternehmen, seine Produktwelt und Firmenphilosophie (Corporate Social Responsibility), sondern liefert darüberhinaus auch Mehrwerte, etwa Rezepte oder DIY-Anleitungen.

 

Das Online-Magazin (http://www.krones.com/de/krones-magazin.php) kümmert sich um den Themenkomplex „Getränke“ und ist  auch als Printversion in fünf Sprachen erhältlich. Abgerundet wird der Online-Auftritt mit einem Corporate Blog (https://blog.krones.com/). Die Krones AG schafft es mit seiner Social-Media-Kommunikation nicht nur Partner und Kunden sowie künftige Mitarbeiter anzusprechen, sondern auch Endverbraucher, also die Getränkekonsumenten.

Social-Media-Strategie im B2B: Fokussierung ist das Zauberwort

Es muss nicht immer eine breite Präsenz über mehrere Social-Media-Kanäle hinweg sein, um eine erfolgreiche Unternehmenspräsenz jenseits der Corporate Website zu schaffen.

 

Facebook-Page der JOB-Gruppe aus AhrensburgPraxistipp Nr. 3

Fokussieren Sie sich zunächst auf einen Social-Media-Kanal. Überlegen Sie im Vorfeld genau, was umsetzbar ist – personell und auch von den Inhalten her: Kurze, knackige News aus dem Unternehmen (Facebook), längere, hintergründige Informationen zu Ihrem Angebot (Blog) oder verschiedene Video-Inhalte, die Sie ohnehin schon haben oder noch produzieren wollen (YouTube).

 

Die JOB-Gruppe aus Ahrensburg, Hersteller von Rauchmeldern und Sprinkleranlagen, bietet mit seiner Facebook-Seite (https://www.facebook.com/JOB-Gruppe-211894392190706/) einen Einblick in die eigenen Aktivitäten und spricht so Kunden, Partner und Mitarbeiter zugleich an. Ein gelungenes Beispiel für eine ehrliche und authentische Unternehmenskommunikation.

Best Practice Nr. 3 zur Social-Media-Zielgruppe: B2B

Auch wenn das folgende Best-Practice-Beispiel von einem großen Konzern und einer noch größeren Maschine handelt, die Idee hinter der beschriebenen Kampagne ist simpel und ist auch für KMUs problemlos umsetzbar.

 

Liebherr-Kampagne #MrTorqueDer Mischkonzern Liebherr setzte im Jahr 2014 im Rahmen der Produkteinführung seines LB 44, einem Spezialtiefbaugerät mit einem Eigengewicht von 170 Tonnen und einem Verkaufspreis von ca. 2 Mio. Euro, neben klassischen Marketing-Mitteln wie Broschüre, Datenblatt, Produktfilm und Messeauftritt auch auf Social Media. Das Produkt LB 44 erhielt den Namen Mr. Torque und einen Kampagnen-Hashtag #MrTorque, der auf verschiedenen Social-Media-Kanälen zusammen mit kurzen Teaser-Videos verbreitet wurde. Zusätzlich wurde ein LinkedIn-Profil für Mr. Torque erstellt. Allein darüber konnten 175 wertvolle B-to-B Kontakte gesammelt werden.

Auf Augenhöhe mit Ihrer Zielgruppe

Für Social Media gilt: Lassen Sie sich auf Ihre Zielgruppe ein. Finden Sie ganz heraus, mit wem Sie sprechen und was überhaupt interessiert. Wer das richtige Gespür hat, den richtigen Ton zur richtigen Zeit trifft, kann Social-Media-Kampagnen konzipieren und die funktionieren – und damit seine Ziele in Sachen Reichweite, Aufmerksamkeit für Marken und Produkte, Imagebildung, Lead-Generierung und Kundengewinnung effizient erreichen.

Fazit

Die Definition der Zielgruppen und die Wahl einer optimalen Ansprache sind entscheidende Erfolgsfaktoren für die Social-Media-Strategie. Nur wer sich im Vorfeld darüber klar ist, wen er wie in den sozialen Medien erreichen will, kann zielgerichtet kommunizieren und daraus Erfolge entstehen lassen.

Über die Autorinnen

Ruth Schöllhammer ist Social-Media-Expertin und Dozentin an Hochschulen, internationalen Business Schools und bei der eMBIS Akademie Ruth Schöllhammer ist leidenschaftliche Social-Media-Expertin und begleitet seit vielen Jahren Unternehmen in die digitale Zukunft. Sie ist eine gefragte Dozentin an renommierten Hochschulen und internationalen Business Schools. Bei der eMBIS Akademie unterrichtet Sie unter Anderem das Social-Media-Marketing-Seminar und ist dafür von der Stiftung Warentest ausgezeichnet worden.

 

 

Kerstin Nägler ist Medienmanagerin und Dozentin an der eMBIS AkademieKerstin Nägler ist passionierte Medienmanagerin und begleitet seit 2006 zahlreiche Online-Projekte von der Konzeption bis zur Umsetzung – Shopsysteme, E-Learning-Plattformen und Landing Pages samt passgenauer Onlinemarketing-Kampagne. Sie leitet das Seminar Social-Media-Tools und -Analysen der eMBIS Akademie und hat für die Teilnehmer jede Menge Tipps und Tricks parat.

Social Media: Zielgruppen definieren und richtig ansprechen
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